G3: Moderne Medizin ohne Gendermedizin?
Geht gar nicht!

Artikel
10.01.2018
Das Gründungsteam (v.l.n.r.): Sarah Hiltner, Ulrike Gerstmann, Prof. Dr. Sabine Oertelt-Prigione, Annegret Hofmann, Dr. Gesine Dörr, PD Dr. Harun Badakhshi, Dr. Natascha Hess
Foto: Dirk Schmidtke
„Mit der Gründung unseres Vereins G3 – geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung“ wollen wir der Implemetierung der Gendermedizin, zunächst im Land Brandenburg, einen starken Impuls geben, der über die Landesgrenzen hinaus wirkt“, so das Anliegen des engagierten Gründungsteams, das sich am 13. Dezember in Potsdam traf, um die Satzung zu beschließen und einen Vorstand zu wählen. 

 Mit der Gründung des Vereins – im Untertitel Arbeitsgemeinschaft für moderne Medizin – wurde weitergeführt, was 2015 mit einer Ist-Stand-Analyse zur Gendermedizin im Land Brandenburg begann. Damals hatte das Netzwerk Gendermedizin & Öffentlichkeit bei einer landesweiten Umfrage unter Mitwirkenden am Gesundheitssystem ermittelt, welche Rolle sie einer geschlechtergerechten und geschlechtersensiblen Gesundheitsversorgung beimessen. Das Ergebnis war eine große Zustimmung für die Bildung eines regionalen Netzwerkes, das die Umsetzung einer solchen Gesundheitsversorgung vorantreiben könnte. Das bekräftigten 2016 auch die Teilnehmer/innen einer Fachtagung, an der sich auch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg beteiligte. 

„Die Arbeit mit dem und im neugegründeten Verein wird es uns ermöglichen, noch mehr Partner ins Boot zu holen und Versorgungsbereiche zu erschließen, in denen wir gute Möglichkeiten für die Implementierung einer geschlechtersensiblen Gesundheitsversorgung sehen“, so Dr. Gesine Dörr, Ärztliche Direktorin des St. Josefs-Krankenhauses Potsdam, die dies vor allem aus Sicht der Kardiologin und Reha-Expertin sieht.

PD Dr. Harun Badakhshi, Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Ernst-von-Bergmann-Klinikum Potsdam, lenkt den Fokus auf Aus- und Weiterbildung der Mediziner/innen. „Ich bin davon überzeugt, dass die Belange einer gender/geschlechtergerechten medizinischen Betreuung sich in der profanen klinischen Routine zeigen können. Hierfür wird ein Bewusstsein um die Themen, Implikationen und Probleme derselben benötigt.“

Dr. Gesine Dörr und Dr. Badakhshi sind, wie Annegret Hofmann, Sprecherin des seit 2011 bestehenden Netzwerks Gendermedizin & Öffentlichkeit, im Vorstand des Vereins. Zu ihm gehören auch Prof. Dr. Sabine Oertelt-Prigione, viele Jahre Mitarbeiterin am Charité-Institut für Geschlechterforschung in der Medizin und seit Sommer 2017 Gendermedizin-Professorin an der Radboud-Universität Nijmegen, sowie Dr. Natascha Hess, Berlin/Werder. Die niedergelassene Kardiologin ist eine Pionierin der Gendermedizin in Berlin/Brandenburg. Sie wirkt seit Jahren unermüdlich in der Weiterbildung der Ärzte auf diesem Gebiet und ist im Moment dabei, im Rahmen eines MVZ eine qualifizierte geschlechtersensible Versorgung von Patientinnen und Patienten anzubieten. 

Zum Gründungsteam gehören weiter die Chefärztin und Psychotherapeutin Viola Roller, Frankfurt/Oder, die Diabetesberaterin Ulrike Gerstmann, Potsdam, und die Soziologin Sarah Hiltner (s. a. Interview in dieser Ausgabe).

Für die Initiatorin und Vereinsvorsitzende Annegret Hofmann ist die Arbeit des Vereins ein Herzensanliegen. „Es vergeht kaum eine Woche, dass nicht eine neue wissenschaftliche Erkenntnis publiziert wird, die neue Möglichkeiten einer besseren gesundheitlichen Versorgung von Frauen und Männern, auch verschiedener Altersgruppen, eröffnet. Es dauert sehr lange, zu lange, bis solche Erkenntnisse in den Arztpraxen und Kliniken umgesetzt werden, bei der Verordnung von Medikamenten oder auch in Prävention, Reha und Pflege eine Rolle spielen. Frauen und Männer könnten davon profitieren, sie müssen es unbedingt. Deshalb will unser Verein informieren, Druck machen – gemeinsam mit Partnern aus den Gesundheitsbereichen, aus Forschung, Gesundheitswirtschaft und natürlich der Gesundheitspolitik.“

Aktuelles über Verein und sein Anliegen immer auf
www.gendermed.info

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