Informationen der Deutschen Gesellschaft für
Geschlechtsspezifische Medizin e.V. (DGesGM)

Artikel
24.09.2018
Ehrenmitgliedschaft für Frau Margarete Ammon  
Die DGesGM hat der bayerischen Unternehmerin und Stifterin Margarete Ammon die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Die 94jährige hat sich mit ihrer 1995 gegründeten gemeinnützigen Stiftung sehr um die Förderung der Medizin für Frauen und um die Förderung von Frauen in der Medizin verdient gemacht. Zahlreiche Projekte des Berliner Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin (GIM), Forschungsarbeiten und wissenschaftliche Karrieren konnten mit ihrer Unterstützung realisiert werden. 

Dazu Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek, die gemeinsam mit DGesGM-Vorstandsmitglied Dr. Astrid Bühren die Ehrung überbrachte: „Wir sind seit Jahren miteinander im Kontakt und schätzen das Engagement von Frau Ammon für Frauen- und Gendermedizin sehr. Dass junge Wissenschaftlerinnen mit Hilfe der Fördermittel ihren Karriereweg starten konnten, dass wir Projekte wie die Untersuchungen zur Aortenklappenstenose bei Frauen oder zur Stress-induzierten Herzschwäche (Takotsubo) und andere in Angriff nehmen und zu stark beachteten Ergebnissen führen konnten, haben wir dieser Unterstützung und Förderung zu danken.“

Für die engagierte Förderung junger Wissenschaftlerinnen hatte ihr die Technische Universität München bereits 2002 ehrenhalber die Würde einer Senatorin verliehen.
S.a. www.margarete-ammon-stiftung.de

Leitlinien-Arbeit
Zum Management von kardiovaskulären Erkrankungen in der Schwangerschaft wurde im September auf dem ESC-Kongress in München eine neue Leitlinie präsentiert und zeitgleich im „European Heart Journal“ publiziert. An der Erstellung des 83-seitigen Empfehlungspapiers waren neben der Europäischen Kardiologie-Gesellschaft (ESC) die europäischen Gesellschaften für Gynäkologie (ESG), Anästhesie (ESA) und Gendermedizin (IGM) sowie das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin beteiligt. Dazu Prof. Regitz-Zagrosek, Leiterin der Task force “Cardiovascular diseases in pregnancy” der ESC: „Es gab zu diesem Thema eine sehr engagierte internationale Zusammenarbeit, die in relativ kurzer Zeit – innerhalb von zwei Jahren – zu dem nun vorliegenden Ergebnis führte. Die Arbeit wurde heftig diskutiert, mehr als 3.000 Gutachterhinweise wurden bearbeitet. Und es gibt eine große Nachfrage danach, auf weiteren Kongressen davon zu berichten. Jetzt liegt es an den gynäkologischen Fachgesellschaften, die Leitlinie in die Praxis zu bringen – im Interesse der betroffenen Schwangeren.“
Weitere Informationen: 
https://www.kardiologie.org/esc-kongress-2018/neue-leitlinie--wie-man-schwangere-mit-herzerkrankungen-betreuen/16105498

Altern und Geschlecht: GendAge
Während der Berliner Altersstudie waren zwischen 1990 und 1993 mehr als 500 Berliner/innen zwischen 70 und über 100 Jahren auf Gesundheitszustand und Lebensqualität untersucht worden. Mit der Fortsetzungsstudie BASE II wurden 2008 - 2014 die körperlichen, geistigen und sozialen Bedingungen ermittelt, die ein erfolgreiches Altern begünstigen. Nun wird seit 2017 nachgehakt, denn die geschlechtsspezifische, Komponente fehlte bislang in der Auswertung. GendAge, mit dem Ziel der geschlechts-sensitiven Vorbeugung kardiovaskulärer und metabolischer Krankheiten bei älteren Erwachsenen in Deutschland, wird diese Lücke schließen helfen. Das GIM (Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek) ist dabei ebenso eingebunden wie die AG Biologie des Alterns (Prof. Dr. Ilja Demuth) und das Institut für Psychologie der Humboldt-Universität (Prof. Dr. Denis Gerstorf)
Weitere Informationen:
https://www.base2.mpg.de/de/gendage

Genderscore mit breiten Anwendungsmöglichkeiten
Für GendAge wie auch für andere Studien wichtig: Geschlecht nicht nur biologisch definieren, sondern auch im sozio-kulturellen Kontext betrachten. Aber wie geht das? Die kanadische Wissenschaftlerin Prof. Louise Pilote vom Research Institute of the McGill University Health Centre, Montreal ist eine von wenigen, die sich auf soziale Geschlechterunterschiede (gender differences) im Bereich der kardiologischen Forschung spezialisiert haben. Sie wurde im vergangenen Jahr vom Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH) mit einem „BIH Excellence Award for Sex and Gender Aspects in Health Research“ ausgezeichnet und arbeitet eng mit dem Team um Prof. Regitz-Zagrosek zusammen. So entstand ein Genderscore, der die Auswirkungen von kulturell und sozial ausgeprägten Geschlechterrollen berücksichtigt. Mit ihm können mögliche Effekte von Geschlechterunterschieden auf medizinische Fragestellungen am Beispiel kardiovaskulärer Erkrankungen untersucht und Therapieansätze entwickelt werden. 

Dazu Prof. Regitz-Zagrosek: „Wir haben den Genderscore für die von uns bearbeiteten Fragestellungen – so auch in Bezug auf GendAge – modifiziert und wenden ihn dort bereits an, z.T. mit Fragebogen, die die Proband/innen selbst ausfüllen. Die konsequente Anwendung dieser Methode, die Einbeziehung nicht nur der biologischen, sondern auch der sozio-kulturellen Faktoren kann uns sowohl in der ärztlichen Praxis als auch in der wissenschaftlichen Arbeit helfen, Diagnostik und Therapien zu optimieren. Dass diese Vorteile häufig aus Unkenntnis negiert werden, ist schade. Ein ähnliches Projekt bei SchlaganfallpatientInnen wurde leider nicht gefördert, obwohl ja bekanntlich diese Erkrankung viele Geschlechtsspezifika aufweist ...“
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