Ist die Gendermedizin raus aus den Kinderschuhen?
Tagung „Kompetenzen in der Gendermedizinischen Lehre“ in Berlin

Informationen der Deutschen Gesellschaft für
Geschlechtsspezifische Medizin e.V. (DGesGM)

Artikel
29.11.2017
An welchem Punkt ist die Lehre zu geschlechtersensiblen Aspekten und welche Fortbildungsmöglichkeiten können für Lehrende in Zukunft angeboten werden? Dr. Ute Seeland eröffnete die Tagung, zu der die Deutsche Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin (DGesGM) und das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin der Charité Protagonist/-innen aus Lehre, Grundlagenforschung, Klinik und ärztlicher Selbstverwaltung im November eingeladen hatte.

Die Kompetenzen, die von einer in der Gendermedizin lehrenden Person erwartet werden, sind komplex sind: Daraus erwächst die Notwendigkeit, in der gendermedizinischen Lehre interdisziplinär und intersektoral zusammen zu arbeiten, machte Dr. Seeland deutlich.
In der Podiumsdiskussion wurde das von Prof. Harm Peters, Fachzentrum für medizinische Hochschullehre und evidenzbasierte Ausbildungsforschung der Charité, postulierte Statement aufgegriffen: „Die Gendermedizin ist nun aus den Kinderschuhen raus und muss sich jetzt als Erwachsene mit den anderen Disziplinen messen lassen und um die begrenzten Plätze im Curriculum kämpfen.“ Das Podium mit der Vize-Prodekanin für Studium und Lehre, Prof. Adelheid Kuhlmey, Dr. Heidrun Gitter, Präsidentin der Ärztekammer Bremen, und Dr. Astrid Bühren, 2. Vorsitzende der DGesGM, sowie das Fachpublikum widersprachen teils heftig und merkten an, dass das Statement Gültigkeit hat für die Charité-Berlin, bei weitem aber nicht für Deutschland zutrifft. Die Akzeptanz zur Notwendigkeit, Protagonist/-innen an den einzelnen Universitäten zu fördern, stecke noch in den Kinderschuhen. Der Gedanke der gendersensiblen Medizin sei noch lange nicht in den Köpfen der Studierenden verankert. Es gebe zwar einzelne Veranstaltungen für interessierte Ärzt/-innen in der Niederlassung, konkrete Handlungsanweisungen und koordinierte Fortbildungspläne – Fehlanzeige. Diese seien aber wichtig, um die Translation von der universitären Lehre in die Versorgung der Patient/-innen zu gewährleisten und damit ein besseres Outcome für alle zu erreichen. 

Dr. Ute Seeland verwies auf das vorhandene umfangreiche Wissen zur Gendermedizin als Voraussetzung für eine erfolgreiche Handlungskompetenz mit Mehrwert für die Patient/innen. Diese Zusatzkompetenz sollte mittelfristig mit einer führungsfähigen Bezeichnung, die durch die Bundes - und Landesärztekammern anerkannt ist, gewürdigt werden. Heidrun Gitter hob die bisherigen Anstrengungen zur Integration einer strukturierten curricularen Fortbildung „Gendermedizin“ in das Angebot der Ärztekammern hervor und wird diesen Weg weiter mit fördern. Prof. Vera Regitz-Zagrosek berichtete über ihr neuestes Projekt GenCAD und zeigte die daraus entstandenen Factsheets zu Geschlechterunterschieden bei der koronaren Herzerkrankung, die sowohl für alle Fachkräfte, die in der Medizin tätig sind, zur Verfügung stehen als auch für die allgemeine Bevölkerung - in 24 Sprachen. 

In den Schreibwerkstätten wurde inhaltlich diskutiert und sowohl vorhandene als auch neue Lernziele entwickelt. Als Basis dienten die eigenen Lehrerfahrungen und die Inhalte der eGender Kommunikations- und Lernplattform (http://egender.charite.de), die nun erweitert und aktualisiert werden. Die Digital Lounge wurde gut genutzt, um sich mit neuen Lehrformaten vertraut zu machen, sie steht noch für weitere vier Wochen online zur Verfügung (http://gender-tagung.dgesgm.de/digital-lounge/).

Informationen: Dr. Ute Seeland
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