Männer erklären die Pandemie

MaLisa-Studie zur Geschlechterverteilung in der Corona-Berichterstattung

Artikel
29.06.2020
Dass in den politischen und medialen Diskursen zur Corona-Pandemie vor allem die Meinung von Männern gefragt ist, wurde in den letzten Wochen und Monaten vielfach thematisiert. Um konkretere Einblicke zu gewinnen, inwiefern dies für die Berichterstattung rund um COVID-19 in Deutschland zutrifft, haben wir, das Team der MaLisa Stiftung, die Geschlechtergerechtigkeit in der Berichterstattung im Fernsehen und in den Online-Auftritten von Printmedien in Deutschland untersuchen lassen.

Wie oft kommen Frauen und Männer insgesamt zu Wort? Wie häufig und zu welchen Themen sind sie als Expert*innen gefragt? Dazu haben Prof. Dr. Elizabeth Prommer und Julia Stüwe vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock insgesamt 174 TV-Informationssendungen mit Corona-Bezug ausgewertet, die zwischen dem 16. und 30. April 2020 ab 18h in ARD, ZDF, RTL und Sat.1 ausgestrahlt wurden. Der Daten-Forscher und Urheber des Gender Equality Tracker, Max Berggren, hat für denselben Zeitraum insgesamt 79.807 Artikel mit Corona-Bezug in den Online-Ausgaben von 13 Printmedien analysiert. 

Die Ergebnisse der Studien sind ernüchternd: Insgesamt kamen sowohl im Fernsehen als auch in den Online-Berichten der Printmedien mit Corona-Bezug auf eine Frau zwei Männer. Bei den Personen, die als Expert*innen zu Wort kamen, ist das Verhältnis noch unausgewogener: In den TV-Formaten war nur eine von fünf Expert*innen weiblich (22%), in der Online- Berichterstattung wurden Frauen nur zu rund sieben Prozent als Expertinnen erwähnt. Es kamen vor allem Männer zu Wort – obwohl fast die Hälfte aller Ärzt*innen in Deutschland weiblich ist.
Die Statistiken belegen, wie stark Frauen in den Medien – aus dieser, aber nicht nur in dieser Berufsgruppe - unterrepräsentiert sind: 2018 stellten sie 79 Prozent der Erwerbstätigen im gesamten Gesundheitswesen. Sowohl in Pflege- als auch in medizinisch-technischen Berufen bilden sie die überwiegende Mehrheit. Und auch in den für die Pandemie besonders relevanten ärztlichen Bereichen wie Virologie, Infektionsepidemiologie und Mikrobiologie ist die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte weiblich. Im TV hingegen kamen sie zu den Themenbereichen Pflege und Medizin im Vergleich zu männlichen Befragten nur zu 17 Prozent als Expertinnen zu Wort.

Die Ergebnisse machen deutlich, dass es noch einiges zu tun gibt auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit in den Medien. Initiativen für mehr Sichtbarkeit und Hörbarkeit von Expertinnen in der Berichterstattung – und dies gilt für alle Berufsfelder – sind so notwendig wie eh und je.

Karin Heisecke, Projektleiterin MaLisa Stiftung
https://malisastiftung.org
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