„Medikamente, Impfungen – was sind die Erfahrungen,
was wird wie kommuniziert und akzeptiert?“
Moderation und Bericht: Dr. Dirk Keiner 

Artikel
27.10.2021
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Sicherheit der Impfstoffe –
zu viele haben noch zu viele offene Fragen

Katharina Schmid-Küpke (Abteilung für Infektionsepidemiologie, RKI Berlin) stellte das interessante Projekt COVIMO (COVID-19 Impfquoten-Monitoring) vor.
Seit Januar 2021 wird vom Robert Koch-Institut ein Monitoring zu COVID-19 Impfquoten sowie zur COVID-19 Impfbereitschaft und -akzeptanz mittels telefonischer Befragungen in Deutschland durchgeführt. Im nunmehr 7. Erhebungszeitraum (26.07.21 - 18.08.21) wurden 1005 Erwachsene ab 18 Jahre zur COVID-19-Impfung befragt. 
Die COVID-19-Impfbereitschaft der Bevölkerung liegt geschlechterunabhängig auf einem hohen Niveau: Berücksichtigt man die bereits mindestens einmal geimpften Personen mit, ergibt sich ein Anteil von etwa 93 % impfbereiter bzw. bereits geimpfter Personen. Zur Vorhersage des Impfverhaltens für Personen zwischen 18 und 59 Jahre tragen bei: (1) das Vertrauen in die Sicherheit der Impfung, (2) die Risikowahrnehmung gegenüber der Erkrankung, (3) die Überzeugung, mit der eigenen Impfung Freiheiten zurückzuerlangen, sowie (4) Schwierigkeiten bei der Terminvereinbarung. Noch immer ist jede zweite befragte Person unsicher, ob die Impfung auch bei Kinderwunsch sicher ist. Auch Fragen zur Sicherheit der Impfung im Allgemeinen sowie zur Sicherheit der Inhaltsstoffe können von etwa 50 % der Teilnehmenden nicht beantwortet werden.

Geschlechterspezifische Dosierung –
noch? – nicht im Fokus

Prof. Dr. Emil C. Reisinger (Dekan, Medizinische Fakultät Universität Rostock) ging auf die sich durchgesetzten COVID-19-Impfstoffe mit den unterschiedlichen Wirkstoffkonzentrationen ein. Die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe zeige sich im klinischen Alltag. Die Verträglichkeit der Wirkstoffe der mRNA-Impfstoffe ist durch fehlende Adjuvanzien sehr hoch und das höhere Nebenwirkungsrisiko bei Frauen immunologisch zu erwarten. Bei den sehr seltenen Nebenwirkungen gibt es Geschlechterunterschiede (Myokarditis und Perikarditis, Thrombose mit Thrombozytopenie-Syndrom).
Die von den Zuhörern im Chat beschriebenen persönlichen Nebenwirkungen bei geimpften Kindern wurden ebenfalls eingeordnet. Aspekte zum Boostern sowie zum Management einer bei älteren Patienten empfohlenen Grippeschutzimpfung wurden diskutiert – die STIKO-Empfehlung dazu stand zu diesem Zeitpunkt noch aus. Eine geschlechterspezifische Dosierung der Impfstoffe ist nicht notwendig. Eine routinemäßige Antikörperbestimmung ist ebenso derzeit nicht zielführend.

Applikationswege sind eines der Forschungsthemen

Dr. Dirk R. Keiner (Zentralapotheke, Sophien- und Hufeland Klinikum gGmbH Weimar) stellte Screeningdaten (PCR-Diagnostik) des Klinikums aus 2020 vor. Von 9569 Patienten (55 % Frauen) waren 329 positiv (57 % Männer). Für Deutschland (RKI-Daten bis 12.08,2021) zeigte sich ebenfalls eine Infektionsrate bei Frauen. Die Mortalität an/mit Covid-19 Erkrankten ist bei Männern höher.  Der erhoffte Effekt des Virusstatikums Remdesivir auf die Mortalitätsreduktion bestätigte sich im Alltag nicht. Frühtherapeutische Maßnahmen bei leichter bis moderater Erkrankung und hohem Risiko für einen schweren Verlauf mit Antikörper-Therapien stehen ambulant zur Verfügung, deren Einsatz aber effizienter werden muss. Wichtig scheint auch die Berücksichtigung der Impfung bei der (Klinik-)Anamnese: Wann und mit welchem Impfstoff wurde der Patient geimpft. Das ermöglicht eine geschlechterspezifische Pharmakovigilanz der Impfstoffe (Impfsurveillance). Die Forschung zu weiteren Impfstoffen (präklinisch: 184 , klinisch: 112 ), Dosisanzahl und Abstände sowie zu möglichen Applikationswegen (Injektion; oral) läuft auf Hochtouren (https://www.who.int/publications/m/item/draft-landscape-of-covid-19-candidate-vaccines). Die neue S1-Leitlinie Post-COVID / Long-COVID enthält geschlechterspezifische Aspekte. Das Geschlechterverhältnis (F:M) liegt bei 4:1, was individualisierte Managementaspekte (Screening, ärztliche Unterstützung) impliziert.

Siehe auch:
https://gendermed.info/downloads/2/Pandemie_COVID_WS_HGW_09_2021-k.pdf
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