Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen stärker für geschlechtsdifferenzierte Prävention und Versorgung sensibilisieren

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Wie kommen wir bei der Umsetzung eines geschlechtergerechten Gesund-heitssystems schneller voran? Wir fragten in Vorbereitung des Workshops „Sie tickt anders. Er auch. Geschlechterspezifik in Medizin, Pflege, Forschung, Lehre...“ am 16. Mai in Bochum bei Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, nach.

Ein geschlechtergerechtes Gesundheitssystem das ist in Nordrhein-Westfalen nicht nur eine anerkennenswerte politische Forderung. Es gibt viele spannende Projekte und Ideen dazu, das zeigte nicht zuletzt das Engagement vieler Beteiligter am Projekte-Wettbewerb IuK & Gender.Med.NRW im vergangenen Jahr. Was ist aus Ihrer Sicht erforderlich, um bei der Umsetzung noch schneller voranzukommen – mehr Geld, mehr Umdenken, mehr Forschungspotenzial?

Steffens: Klar ist, dass eine unzureichende Geschlechterdifferenzierung zu Defiziten in der gesundheitlichen Versorgung von Frauen und Männer führt. Die Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen müssen stärker als bisher in der Notwendigkeit einer geschlechtsdifferenzierten Prävention und Versorgung sensibilisiert werden. Das ist eine Aufgabe des gesamten Gesundheitswesens. Mehr Geld braucht es dazu nicht unbedingt. In der Forschung benötigen wir mehr Studien, die beide Geschlechter in den Blick nehmen. Dabei denke ich insbesondere an Grundlagen- und die Pharmaforschung.

Was halten Sie von dem häufig vorgebrachten Einwand, eine geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung würde nur noch höhere Kosten verursachen?

Steffens: Den kann ich nicht nachvollziehen. Wenn eine Behandlung deshalb weniger oder gar nicht erfolgreich ist, weil geschlechtsspezifische Bedürfnisse der Patientin oder des Patienten nicht berücksichtigt wurden, ist das ineffizient und damit teuer. Wenn alle den Blick darauf richten, „Was hilft bei Männern, was hilft bei Frauen?“, wird das Kosten senken.

Sie haben vor kurzem angemerkt, dass geschlechterspezifische Medizin in der Regelversorgung noch nicht angekommen sei. Was können wir gemeinsam tun, damit sich etwas bewegt? Welche Maßnahmen wären dabei aus Ihrer Sicht denkbar und sollten dabei auch politisch unterstützt werden?

Steffens: Die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe muss den Genderaspekt stärker berücksichtigen. Auch Fachveranstaltungen und Workshops wie der am 16. Mai in Bochum, Wettbewerbe wie der IuK & Gender.Med.NRW und die Diskussionen in der Landesgesundheitskonferenz tragen dazu bei, die notwendige Geschlechterdifferenzierung in die Regelversorgung zu tragen. Mit dem zukünftigen Kompetenzzentrum „Frauen und Gesundheit NRW“ werden wir hier das Bewusstsein weiter schärfen – mit der geschlechtsspezifischen Gesundheitsberichterstattung des Landes legen wir die Grundlage, um Handlungsfelder in der Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung aufzuzeigen.

Das Gespräch führte Annegret Hofmann
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