Dr. Natascha Hess,
Kardiologin, Berlin

In der Kardiologie werden geschlechterspezifische Unterschiede - so bei den Anzeichen von Herzinfarkten - schon seit längerer Zeit kommuniziert. Dr. Hess sah für sich als niedergelassene Ärztin zunächst zwei Dinge, die getan werden mussten: erstens die Kolleginnen und Kollegen über diese Unterschiede und die Auswirkungen für Diagnose und Therapie zu informieren und fortzubilden. Zweitens war es aber auch notwendig, die Patientinnen für diese Fragen zu sensibilisieren. Eine der Schlussfolgerungen, die sie aus ihrer praktischen Arbeit zog, war, wenn es diese Unterschiede in der Kardiologie gibt, sind sie sicher auch in anderen Bereichen - so der Diabetologie, der Orthopädie oder der Labormedizin zu erwarten. Das führte dann 2008 mit Kolleginnen und Kollegen zur Gründung eines Qualitätszirkels.

Ende letzten Jahres konnte sie mit 5 Kolleginnen und 2 Kollegen im Bund Niedergelassener Kardiologen eine Arbeitsgruppe Gendermedizin gründen. Dr. Hess arbeitet in einer sehr großen kardiologischen Praxis, in der die erforderlichen Daten erhoben wurden. Innerhalb von drei Monaten konnten hier 772 Neupatientinnen und Neupatienten zu ihren Beschwerden, zur Zeitdauer, die zwischen Auftreten von Schmerzen und dem Gang zum Arzt vergangen war, usw. befragt werden.

Zu den Ergebnissen dieser Datenergebung gehören:
Frauen geben mehr Informationen zu ihren Beschwerten preis als Männer. Sie warten bei kardiologischen Beschwerten länger, bis sie zum Arzt gehen, ziehen z.B. bei Angina Pectoris eher den Orthopäden oder Psychologen zu Rate, bevor sie den Kardiologen aufsuchen.

Eine offene Frage sei nun, wenn Frauen bei Angina Pectoris differenziertere Beschwerden aufzählen, während Männer eher einfach sagen, sie hätten Schmerzen, haben nun Frauen wirklich mehr und andere Schmerzen als Männer oder ist das nur ein Problem der sprachlichen Darstellung?
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