Dagmar Roth-Behrendt, Vizepräsidentin des europäischen Parlaments, brachte den Sinn des Workshops Gendermedizin & Öffentlichkeit in Berlin noch einmal auf den Punkt: "Das Problem, das mich heute, am Ende dieser Veranstaltung bewegt: Was passiert danach, was machen wir aus all dem Wissen, was wir heute vermittelt haben?"
Aus ihr sprach die erfahrene Politikerin, die weiß, Veränderungen, die die Interessenlage vieler Partner im System betreffen, lassen sich nur über Vernetzung, über Kontakte, über Einflussnahme, über Öffentlichkeit erzielen. Ihre Schlussfolgerung: "Die meisten Dinge, die hier in diesem Workshop angesprochen wurden, sind nur durch Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen im europäischen Bereich zu erreichen." Deshalb sei auch die Gründung dieses Netzwerkes für geschlechterspezifische Medizin und Öffentlichkeit eine wesentliche Voraussetzung dafür.
Als einen wichtigen Schritt nannte sie erforderliche Änderungen der europäischen Arzneimittelgesetzgebung. Da es eine allgemein anerkannte Tatsache sei, dass Medikamente unterschiedlich bei Frauen und Männern, bei Kindern und Alten wirkten, müsse sich das auch auf die Zulassungsstudien von Arzneimitteln auswirken. "Das ist nur durch Gesetzesänderungen möglich. Denn Pharmafirmen allein werden das nicht tun, sie werden sich dagegen wehren, weil das für sie mehr Kosten in der Entwicklung bedeutet."
Gesetzesänderungen in der Arzneimittelzulassung erforderten aber im europäischen Parlament eine absolute Mehrheit. Damit hier überhaupt etwas zu erreichen sei, so Roth-Behrendt, müsse man sich auf europäischer Ebene vernetzen und dafür sorgen, dass diese Mehrheit zustande kommt.
Arzneimittel sind das eine. Das andere: der Wille und die Fähigkeit, Geschlechter unterschiedlich zu behandeln. Das ist wiederum eine Frage der Aus- und Fortbildung. Studentinnen und Studenten werden in der Regel nur das intensiv studieren, worin sie auch geprüft werden. Deshalb müssen geschlechtsspezifische Aspekte der modernen Medizin in die Prüfungsordnung aufgenommen werden.