Gendermedizin und Graswurzelbewegung

Artikel
12.04.2018
Es war mir, bei leider zu seltenen Gelegenheiten, immer ein Vergnügen, mit Professor Marek Glezerman über Gendermedizin sprechen. Und es ist nun ein weiteres zu lesen, was der israelische Wissenschaftler, Gynäkologe und ehemaliger Präsident der Internationalen Gesellschaft für Gendermedizin (IGM) zu diesem, seinem bevorzugten Thema aufgeschrieben hat. Bei Mosaik ist sein populäres Buch „Frauen sind anders krank. Männer auch“ erschienen, aus meiner Sicht das erste dieser Art, das sich, mit breitem Ansatz und unterhaltsam zu lesen, der geschlechtsspezifischen Medizin widmet. Mit dem Vorwort seines Landsmanns und Schriftstellers Amos Oz werden auch diejenigen für diesen Stoff gewonnen, die nicht unmittelbar mit Medizin befasst sind. 

Der erfahrene Hochschullehrer Glezerman versteht es, die Leser mitzunehmen – aus der menschlichen und embryonalen Entwicklungsgeschichte hinein in die Gegenwart von Frauen und Männern, die nicht nur durch ihre Gene determiniert sind, sondern auch durch ihre Rolle und Beziehungen in ihren Alltag hinein. Das alles macht ja Gendermedizin aus. Dass Frauen und Männer, durch beides bedingt, an z. T. unterschiedlichen Krankheiten leiden, die Symptome unterschiedlich sein können – und aus all diesen immer neu zutage kommenden Erkenntnissen heraus auch eine unterschiedliche, aber gleichwohl immer die bestmögliche Behandlung erfahren sollten – das will Glezerman vermitteln. Vorgeburtliche Entwicklung, die Rolle der Hormone, Organunterschiede, das immer heiß diskutierte Thema des Gehirns, die Notwendigkeit unterschiedlicher Medikamente, Schmerzempfinden, die Interaktion zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin bis hin zur Zukunft der Gendermedizin: Glezerman entlässt die Leserin/den Leser mit einer guten Portion Wissenszuwachs. Nicht zuletzt wichtig für den Umgang mit sich selbst und in der Interaktion mit dem Gesundheitssystem. In einem meiner zu Anfang genannten Gespräche mit Professor Glezerman sprach er sehr eindringlich von einer notwendigen Graswurzelbewegung in Bezug auf die Gendermedizin, nur so könne diese alle Bereiche der Medizin und der Gesundheitsversorgung durchdringen und verändern. „Ich glaube, dass es möglich ist“, schreibt Glezerman am Ende seines Buches. Helfen wir dabei.

Annegret Hofmann

Prof. Dr. Marek Glezerman
Frauen sind anders krank. Männer auch.
Warum wir eine geschlechtsspezifische Medizin brauchen.
ISBN 978-3-442-39331-2,
Preis: € 20,00 (D), € 20,60 (A)
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