Informationen des DGesGM:
Aus der Forschung

Artikel
18.03.2019
Anfälligkeit für Übergewicht, Insulinresistenz und weitere kardio-metabolischen Merkmale auch vom Geschlecht abhängig

Ein internationales Forscherteam der Universität von Kalifornien (UCLA), des Helmholtz Zentrum München und der Ludwig-Maximilians-Universität München untersuchte umfassend die Rolle von Geschlecht und seiner Interaktion mit dem genetischen Hintergrund bei kardio-metabolischen Phänotypen. Untersucht wurden geschlechterspezifische Korrelationen mit spezifischen Krankheitsbildern (klinischen Phänotypen), die genetische Architektur und die zugrunde liegenden Expressionsnetzwerke in Fett und Leber in einem Tiermodell (Hybrid-Maus-Diversitätspanel).

Das Gen Lypla1 beeinflusst geschlechtsspezifisch die Fettleibigkeit

Dabei entdeckten die Forscher/innen u. a. einen geschlechterspezifischen Adipositas-Locus auf dem Gen Lypla1. Dieses steht mit der menschlichen Fettleibigkeit in Verbindung. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt in Cell Metabolism erschienen.
Männer und Frauen können unterschiedlich anfällig für Fettleibigkeit und Insulinresistenz sein. Oft haben Frauen vorteilhaftere Stoffwechselprofile. Das ist für Mäuse, aber auch bei Menschen beschrieben. Doch wie interagiert das Geschlecht mit Genen? Welche Rolle spielt die natürliche genetische Varianz? Und wie wirkt sich das auf die kardio-metabolischen Eigenschaften aus? Es zeigte sich, dass das Geschlecht bei der Genexpression und der Ausbildung kardio-metabolischer Merkmale eine Rolle spielt. So hat das Forscherteam einen geschlechterspezifischen Adipositas-Locus auf dem Gen Lyplal1 entdeckt.

Männer und Frauen in der biologischen Forschung: Eigenständige Organismen

In der Literatur gibt es bereits Hinweise auf große Unterschiede in der Fettbiologie zwischen den Geschlechtern auch beim Menschen. Diese Studie gewährt nun Einblicke in die Details der Geschlechterunterschiede im Stoffwechsel. „Wir glauben, dass unsere Ergebnisse überzeugende Beweise dafür liefern, warum Männer und Frauen in der biologischen Forschung als eigenständige Organismen behandelt werden sollten, anstatt zu versuchen, diese Unterschiede auszugleichen“, sagt DZD-Wissenschaftlerin Prof. Dr. med. Susanna Hofmann vom Institut für Diabetes und Regenerationsforschung des Helmholtz Diabetes Center und Mitglied der DGesGM. Ihre Gruppe hat gemeinsam mit Prof. Axel Walch von der Core Facility Pathology & Tissue Analytics am Helmholtz Zentrum München das Fettgewebe untersucht und die Geschlechterunterschiede in der Bräunung von weißem Fettgewebe herausgearbeitet. Die Wissenschaftlerin berichtet, dass es eine geschlechterspezifische Regulation für das „Beiging” (Bräunung) des weißen Fettgewebes sowie geschlechterspezifische Interaktionen für die mitochondriale Funktion gibt. Die Untersuchung zeigte, dass Weibchen eine höhere Aktivität der Mitochondrien haben und mehr braunes Fettgewebe bilden („Beiging“). Das lässt die Fettmasse und die Insulinresistenz sinken. Bei Männchen führt die Interaktion zwischen Genen und Geschlecht eher zu niedriger Mitochondrien-Aktivität und geringem „Beiging“. Das Körpergewicht und die Insulinresistenz nehmen zu.

Biologisches Netzwerkmodell entwickeln

Noch ist das Verständnis der Biologie, die diesen geschlechterspezifischen Unterschieden zugrunde liegt, sehr lückenhaft. Als langfristiges Ziel wollen die Forscher/innen deshalb ein biologisches Netzwerkmodell entwickeln, das die Unterschiede zwischen Männern und Frauen (das „sexome“) auf Systemebene beschreibt. Ein solches Modell erfordert die Identifizierung der primären und nachgeschalteten geschlechterspezifischen Faktoren, die auf das Netzwerk einwirken, und ein Verständnis dafür, wie die geschlechterspezifischen Netzwerkinteraktionen zu Geschlechterunterschieden in den klinischen Krankheitsbildern führen.

Original-Publikation:
Norheim et al., (2019): Gene-by-Sex Interactions in Mitochondrial Functions and Cardio-Metabolic Traits. Cell Metabolism, DOI: 10.1016/j.cmet.2018.12.013

Fachliche Ansprechpartnerin:

Prof.Dr. Susanna Hofmann,
susanna.hofmann@helmholtz-muenchen.de

Für die DGesGM:
Dr. Ute Seeland,
ute.seeland@charite.de
Mehr zum Thema