Psychotherapie: Die Gefühle schwingen mit

Artikel
16.07.2018
Psychotherapie ist emotional: Therapeutinnen und Therapeuten müssen mit den Gefühlen ihrer Patientinnen und Patienten „mitschwingen“  und reagieren mit ihren eigenen Emotionen. Was das für den Alltag des Praxisbetriebs bedeuten kann, beschreibt Prof. Brigitte Schigl, Leiterin des Studiengangs Psychotherapie- und Beratungswissenschaften an der Karl Landsteiner Privatuniversität im österreichischen Krems), in einem aktuellen Beitrag für „Psychotherapie im Dialog“ des Thieme Verlags.

Psychotherapeutische Behandlungen sind nicht frei von Gender-Einfluss. Das zeigen aktuelle Analysen und die langjährige Forschung der Leiterin des Studiengangs „Psychotherapie- und Beratungswissenschaften“. Geschlechtsidentität beeinflusst demnach die Gefühle sowohl der behandelten Personen als auch von Therapeutinnen und Therapeuten. Dies kann in der therapeutischen Beziehung zu speziellen Dynamiken etwa bezüglich Macht bis hin zu sexualisierten Atmosphären führen.
Prof. Schigls Überlegungen basieren auf einer als „Doing Gender“ bezeichneten Theorie, die in den letzten Jahrzehnten wichtiger Baustein sozialwissenschaftlichen Denkens wurde. Diese besagt, dass wir Geschlechteridentitäten – also das Frau- oder Mannsein bzw. eine andere Geschlechteridentität – immer im Austausch mit anderen Menschen herstellen.

Männliche Therapeuten können z.B. auf emotionalen Widerstand bei männlichen Patienten treffen, wenn sie sich – aus Sicht des Patienten – zu emotional, also zu „weiblich“, verhalten. Das passt dann nicht zum „Männerbild“ und kann sogar als bedrohlich empfunden werden. In einer rein weiblichen Therapiesituation hingegen treffen zwei auf Gefühlssensibilität sozialisierte Individuen aufeinander. Das kann große Vertrautheit schaffen, aber auch den Blick verstellen oder Konfrontationen, Dagegenhalten und Ablösung schwierig machen.

Weitere Informationen:
http://www.kl.ac.at
Mehr zum Thema