An den Unis tut sich was!

Artikel
26.05.2021
Dass Medizinstudierende während ihrer Studienzeit zu wenig – oder fast gar nichts – über Gendermedizin und den Zusammenhang zwischen Geschlecht, Krankheit und Gesundheit erfahren, ist nicht neu. Der Deutsche Ärztinnenbund haben dies in Zusammenarbeit mit der Charité-Universitätsmedizin recherchiert, ein Gutachten des BMG hat dies als dringend veränderungswürdig aufgegriffen. In 70,4 Prozent der medizinischen Fakultäten in Deutschland werde laut dem Gutachten nur in einzelnen Lehrveranstaltungen punktuell auf Geschlechterunterschiede bei Krankheiten, Symptomen und Therapien aufmerksam gemacht.
Wir können von ersten vielversprechenden Entwicklungen berichten.

Brückenprofessur. 
Prof. Dr. Sabine Oertelt-Prigione – langjährige Mitstreiterin in unserem Netzwerk – ist erste Professorin für geschlechtersensible Medizin an der Universität Bielefeld – der erste Lehrstuhl dieser Art in Deutschland. Parallel dazu wird sie ihren bisherigen Lehrstuhl für Gender in Primary and Transmural Care an der Universität Nijmegen weiter innehaben, mit der großartigen Möglichkeit eines Brückenschlages und Erfahrungsaustauschs zwischen den Forschenden und Lehrenden auf diesem Gebiet in beiden Ländern.

Gastprofessur. 
Im Sommersemester 2021 richtet die Universitätsmedizin Mainz erstmals die Klara Marie Faßbinder-Gastprofessur für Frauen- und Geschlechterforschung Rheinland-Pfalz mit dem Schwerpunkt Gendermedizin aus. Gastprofessorin ist Dr. Ute Seeland, Habilitandin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Das Thema ihrer Antrittsvorlesung am 5. Mai lautete „Exzellente Medizin ist geschlechtersensibel“ – mit großen Interesse von fast 180 Teilnehmer/innen virtuell verfolgt. Weitere Lehrveranstaltungen folgen noch bis Juni, wiederum digital – zu Genderaspekten in verschiedenen medizinischen Fachbereichen, beispielsweise der Pharmakologie, der Kardiologie und weiteren Fächern der Inneren Medizin.

Weitere Informationen: 
www.unimedizin-mainz.de/gleichstellung

Studentische Initiative. Sebastian Paschen studiert Medizin im vierten Fachsemester an der Universität Greifswald und ist studentischer Vertreter seiner Uni im Ausschuss der Medizinstudierenden des Hartmannbundes. In diesem Zusammenhang hörte er bei einem Workshop mehr über Gendermedizin: „Das interessiert mich schon länger, und umso erstaunter war ich zu hören, dass das Thema an eigentlich allen Universitäten deutschlandweit, von der Charité abgesehen, unterrepräsentiert ist. Das berichteten auch die anderen Studierenden in unserem Austausch – kaum Angebote für Lehrveranstaltungen, geschlechtsspezifische Lehrinhalte in Unterrichtsfächern des Pflichtcurriculums sind ebenso selten oder werden partiell, zumindest augenscheinlich, absichtlich umgangen.“
„Diesen Umstand finde ich“, schrieb Sebastian Paschen an unser Greifswalder Netzwerkmitglied Dr. Elpiniki Katsari, „ alles andere als zeitgemäß.“ Sie ist als engagierte Gendermedizinerin Mitwirkende an einem Ringvorlesungszyklus des Interdisziplinären Zentrums für Geschlechterforschung der Uni.
Dass viele seiner Mitstudierenden diese Meinung teilen, belegen die Aussagen einer Umfrage, die Sebastian gestartet hat. Nun sucht er Unterstützung und Kooperation: Gendermedizin gehört an die Universitäten, nicht nur in Greifswald!
Dr. Katsari und mit ihr unser Netzwerk hat er natürlich im Boot.
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