Ende Mai fand in Bad Segeberg die 41. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) statt. Ihr Thema: „Gendermedizin – Eine Frage der Perspektive“. Wir sprachen mit Dr. med. Ronja Westphal, Kardiologin und Leitende Oberärztin, Segeberger Kliniken. Sie war – neben Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek – eine der beiden Kongresspräsidentinnen.
Für die Jahrestagung einer Fachgesellschaft, die nicht die Deutsche Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin ist, ist das Thema ziemlich einmalig. Gendermedizin als einziger Schwerpunkt...
Dr. Westphal: Mir ist auch keine Veranstaltung dieses Formats bekannt, die sich ausschließlich diesem Thema widmet. Hier setzen wir zweifellos Maßstäbe. Erfreulich ist natürlich, dass wir nahezu 300 Teilnehmer begrüßen konnten. Das zeigt auch: Das Thema macht neugierig, es ist zunehmend im Fokus der Medizin.
Sie haben darauf geachtet, dass alle eingereichten Beiträge den Genderblick einbrachten?
Dr. Westphal: Natürlich, und das war auch gar kein Problem. Sicher liegt das nicht zuletzt daran, dass gerade in der Kardiologie bereits ein hoher Kenntnisstand zur Geschlechtsspezifik solcher Erkrankungen vorliegt. Das haben auch die Beiträge gezeigt. Für uns war es nun wichtig, diejenigen Aspekte herauszuarbeiten, die bei der Prävention und Rehabilitation zu beachten sind. Akutmedizin und Rehabilitation diesbezüglich in Übereinstimmung bringen, das war das Anliegen.
Gerade die Rehabilitation unterliegt ja Kriterien, die zum Teil außerhalb der Medizin liegen. Krankenkassen und Rententräger reden ein Wörtchen mit, wenn es um die Finanzierung geht. Mussten Sie hier Breschen in fest gefügte Mauern schlagen?
Dr. Westphal: Es gibt inzwischen eine Reihe von Beispielen, die zeigen, dass hier ein neuer Denkansatz erforderlich ist. Berichtet wurde z. B. vom Höhenrieder Frauen-Rehabilitationsprogramm, das dort mit wissenschaftlicher Unterstützung von Prof. Ursula Härtel erfolgreich umgesetzt wird*. Mit diesen und anderen Erkenntnissen wird es möglich sein, auch in den Reha-Strukturen Veränderungen zu veranlassen. Die Teilnehmer aus diesem Bereich haben uns das auf jeden Fall signalisiert. Wichtig ist es jetzt, mehr und belastbare Fakten für die Notwendigkeit eines differenzierten Vorgehens in der kardiologischen Rehabilitation zu erarbeiten. Das gilt natürlich nicht nur für die Kardiologie, sondern auch für andere medizinische Fächer.
*s. a. das Interview mit Prof. Härtel