Ärztinnen in der Pandemie und danach:
Das Gesundheitssystem neu diskutieren

Artikel
28.04.2020
Dr. Christiane Groß, Foto: Jochen Rolfes
Die Corona-Pandemie, sagt Dr. Christiane Groß, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes (DÄB), müsse ein Impuls sein, „die Genderforschung in medizinischen und sozialen Fragen zu intensivieren“. Auf seiner Website fordert der DÄB dazu auf, Geschlechterunterschiede bei den Auswirkungen der Pandemie umfassend zu untersuchen. Das betreffe nicht nur Erkenntnisse, die aus der Anamnese, Medikamenteneinnahme, Lebensstil und Verhaltensweisen gewonnen werden könnten, sondern auch soziale Zusammenhänge.

Im besonders herausgeforderten Gesundheitssystem sind in Deutschland zu mehr als 76 Prozent Frauen tätig. Das treibt die DÄB-Präsidentin vor allem um, denn viele von ihnen arbeiten in Bereichen, in denen die Gefahr einer Infektion besonders groß ist. „Derzeit fehlen uns Erkenntnisse über mögliche Unterschiede bei Ärztinnen und Ärzten und den Frauen und Männern in Pflegeberufen bezüglich Infektionsraten und Verläufen bei Covid-19.“ 

Zudem sieht der DÄB eine große Gefahr für die Karrieren von Frauen im Arztberuf. Die Angleichung der Anteile von berufstätigen Ärztinnen und Ärzten sei gerade erst im vollen Gang und in den Spitzenpositionen und in der Wissenschaft noch lange nicht erreicht. Gerade für die weitere Karriere oder für die Möglichkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, sei mit einer enormen Einschränkung für Frauen zu rechnen, wenn die Corona-Krise die Kinderbetreuung zu Hause über einen längeren Zeitraum notwendig mache. Das Rollenverständnis von Ärztinnen und Ärzten unterscheidet sich nur unwesentlich von dem anderer Menschen. Darum entscheiden sich mehr Ärztinnen als Ärzte, die häusliche Care-Arbeit zu übernehmen.
„Wir müssen all diese Fragestellungen vehement in die Diskussion einbringen“, so Christiane Groß. Gleichzeitig gelte es aber auch, die Erfahrungen, die in der Krisensituation gewonnen werden, in der Zeit danach für das Gesundheitswesen auswerten – im Sinne einer Veränderung zum Besseren.

www.aerztinnenbund.de
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