Höhenrieder Frauenprogramm: Praxistest bestanden!

Prof. Ursula Härtel
In der Diskussion um das Warum und Wie geschlechterspezifischen Herangehens im medizinischen Behandlungsprozess spielt die Rehabilitation eine besondere Rolle. Nicht nur, weil die Versorgungsforschung in Deutschland darauf nach Meinung vieler Expert/innen noch viel zu wenig fokussiert, weil entsprechende Angebote der Krankenkassen und Rententräger fehlen, weil fundierte Studienergebnisse bisher nicht vorlagen bzw., auch dies sei angemerkt, oft nicht bekannt sind. Das sollte sich jetzt ändern.

Gibt man „geschlechtsspezifische Rehabilitation“ als Suchbegriff bei Google ein, erhält man immerhin rund 111.000 Treffer. Ganz vorn in der Rangliste die Arbeit von Professor Ursula Härtel. Die Epidemiologin und Medizinsoziologin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München stellte vor wenigen Tagen den Abschlussbericht zu den „Höhenrieder Studien“ vor. (unser Foto) Er beinhaltet das Ergebnis der rund 15-jährigen Forschungen zur Geschlechterspezifik bei der Rehabilitation von Frauen und Männern nach Herzinfarkt, durchgeführt mit einem kompetenten Team an der Klinik Höhenried.
Internationale Meta-Analysen zur kardiologischen Reha, so Härtel, zeigten in keinem Fall Aussagen zur Geschlechterspezifik, ein Defizit, das es zu beheben galt. Auf der Hand liegt, dass die Ausgangssituation bei Männern und Frauen im Fall des Herzinfarkts unterschiedlich ist. Schon allein die Tatsache, dass Frauen und Männern in unterschiedlichem Alter von diesem Ereignis betroffen sind und sich dadurch in unterschiedlichen Lebenssituationen befinden, fordert differenziertes Herangehen heraus. Dazu kommen unterschiedliche Verläufe der Erkrankung, unterschiedliche Wahrnehmung, unterschiedliche Bewältigungsstrategien. „Wir brauchen deshalb die passgenaue Reha“, so Höhenried-Geschäftführer Robert Zucker.

Gefördert von BMBF und DRV, wurde zunächst eine Beobachtungsstudie für Patient/innen nach Herzinfarkt durchgeführt, im Anschluss daran folgte eine Frauen-Interventionsstudie, auf deren Basis dann, wissenschaftlich begleitet und evaluiert, die Umsetzung in die Routineversorgung. Inzwischen haben über 2000 Frauen das Programm durchlaufen – und wenngleich die Wissenschaftlerin und ihr Team davon ausgehen, dass viele Aussagen noch konkretisiert werden können und neue Schlüsse bergen: Es zeigt sich eindeutig, dass das Angebot einer nach dem Geschlecht differenzierenden Rehabilitation nach Herzinfarkt für Frauen erfolgreich ist. Das Therapieprogramm orientiert vor allem in den Feldern Bewegungstherapie, psychologische Betreuung, Ernährung, Lebensstiländerungen und Alltagsbewältigung auf die Patientinnenbedürfnisse und -möglichkeiten. Im Endergebnis zeigte sich eine hohe – höhere – Patientinnenzufriedenheit bei dem Frauengruppen im Vergleich zu den Frauen der gemischten Gruppe. Die Follow-up-Untersuchung fünf Jahre nach Entlassung aus der Reha bestätigte dies überzeugend, wobei dazu weitere Auswertungen folgen werden.

Kranken- und Rentenversicherung dürften, ebenso wie die Rehabilitant/innen selbst, großes Interesse an den Höhenrieder Ergebnissen haben. Höhere Effizienz, mehr Nachhaltigkeit, Rückkehr ins Berufsleben, weniger Krankschreibungen und Frühberentungen, höhere Lebensqualität und nicht zuletzt Wettbewerbsvorteile für Anbieter solcher Rehabilitationsmaßnahmen sind die Reizworte, die Interessenten auf den Plan rufen sollten. In Zusammenarbeit mit Prof. Härtel hat auch das Medizinische Zentrum für Gesundheit Bad Lippspringe ein „Programm Rehabilitation Geschlechtergerecht“ aufgelegt, zunächst ebenfalls für die kardiologische Reha. Nachfrage gibt es aber bereits für die pneumologische und anderenorts für die orthopädische Rehabilitation. Wir berichten weiter.
(AH)

Download:

https://www.hoehenried.de/fileadmin/user_upload/Home/Abteilungen/Kardiologie/Frauen-Programm/Maenner_und_Frauen_in_der_kardiologischen_Rehabilitation.pdf


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