Kardiale Rehabilitation durch Bewegung

Sport statt Stents: Unter diesem Motto stellten Experten auf dem Satelliten-Symposium „Interventionelle Kardiologie durch Training überflüssig?“ am 11. Mai 2012 in Leipzig ihre Erkenntnisse für eine optimale Rehabilitation bei Koronarer Herzkrankheit zur Diskussion. Körperliches Training mit optimaler medikamentöser Therapie, so ihr Fazit, sei ein wesentlicher Baustein zur Primär- und Sekundärprävention bei kardiovaskulären Erkrankungen. Schon nach vier Wochen Bewegungstherapie erhöhe sich der koronare Durchfluss. Diese Effekte würden wesentlich durch Stickstoffmonoxid (NO) vermittelt.

Verschiedene klinische Studien wie z. B. die COURAGE-Studie (Clinical Outcomes Utilizing Revascularization and Agressive Drug Evaluation) haben mittlerweile gezeigt, dass die Implantation eines Stents nicht in jedem Fall die Therapie der Wahl für KHK-Patienten darstellt. Selbst bei einer optimalen medikamentösen Therapie mit zusätzlicher interventioneller Revaskularisierung sind nach einem Jahr gut ein Drittel der Patienten nicht frei von Angina pectoris-Beschwerden1. Dazu kann eine optimale medikamentöse Therapie in Kombination mit körperlichem Training das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko nachhaltiger reduzieren als die Implantation eines Stents. Dies belegen unter anderem die Resultate der PET-Studie2.

„In tierexperimentellen und auch in klinischen Studien wurde gezeigt, dass körperliches Training die Entstehung und das Fortschreiten der koronaren Herzerkrankung positiv beeinflussen kann. Zusätzlich reduziert es kardiovaskuläre Risikofaktoren wie arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Adipositas und Hyperlipidämie“, sagte Madlen Uhlemann (Leipzig). Die bei einer Bewegungstherapie auftretenden gesteigerten Scherkräfte stimulieren einerseits über eine NO-Freisetzung am Endothel die koronare Kollateralenbildung – also den körpereigenen Reparaturmechanismus bei Durchblutungsstörungen des Herzmuskels durch verengte Koronargefäße, so PD Dr. Buschmann. Auf der anderen Seite erhöht sich schon nach vier Wochen – also noch während der durchschnittlichen Rehabilitationsdauer – der koronare Durchfluss signifikant. „Durch die verbesserte Vasodilatation wird der Herzmuskel unter Belastung besser durchblutet und der Patient gewinnt sein früheres Leistungsvermögen zurück“, erklärte PD Dr. Stephan Gielen (Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg).

Um Patienten in der kardialen Rehabilitation zu unterstützen und eine angstfreie Aktivität zu ermöglichen, können unterstützend Nitroglycerinpräparate  eingesetzt werden, die über eine NO-vermittelte Vasodilatation die Vor- und Nachlast und eine belastungsinduzierte Angina-pectoris zuverlässig coupieren. Denn sie steigern dosisabhängig die Anginaschwelle, die Zeit bis zum Auftreten einer klinisch relevanten ST-Streckensenkung und damit die körperliche Belastbarkeit3. Deshalb weist die European Association of Cardiovascular Prevention and Rehabilitation (EACPR) in ihrem aktuellen Positionspapier explizit auf den Nutzen von akut wirksamen Nitroglycerinpräparaten für die Kardio-Rehabilitation hin.4

Der richtige Sport bei KHK und Herzinsuffizienz
Welche Art der sportlichen Betätigung bei verschiedenen Herzerkrankungen führt nun zu den besten Ergebnissen? Das Positionspapier des American College of Sports empfiehlt KHK-Patienten dreimal pro Woche ein überwachtes aerobes Ausdauertraining (Walking, Joggen, Fahrradfahren etc.) mit einer Intensität von 40-85% der Herzfrequenzreserve. Ob dies als moderates kontinuierliches Freizeittraining oder als Intervall-Training, (high-intensity Training >/= 75% VO2 max in Kombination mit moderatem Ausdauertraining) bei Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung den kollateralen Blutfluss bessert steigert, prüft das Herzzentrum Leipzig zur Zeit in einer klinischen Studie. 

Quellen:
(1) Boden WE et al. (2007) Optimal Medical Therapy With or Without PCI for Stable Coronary Disease. N Engl J Med 356 (15) 1503-1516.
(2) Hambrecht R et al. (2004): Percutaneous Coronary Angioplasty compared with exercise training in patients with stable coronary artery-disease – A Randomized Trial. Circulation 109: 1371-1378.
3.) Wittig T, Beuscher N (1999): Erhöhte körperliche Belastbarkeit nach Gabe von Glyceroltrinitrat in Sprayform. Fortschritte der Medizin 117, 109-113.
4.) Piepoli MF et al. (2010): Secondary prevention through cardiac rehabilitation: from knowledge to implementation. A position paper from the Cardiac Rehabilitation Section of the European Association of Cardiovascular Prevention and Rehabilitation. Eur J Cardiovasc Prev Rehabil 17(1):1-17